Exkursion Nürnberg – München im Januar 2025

In den vier Tagen der Exkursion unter der Leitung von Jens Hoeft hatten wir ein kompaktes Programm. In Nürnberg, das wir mit dem ICE erfreulich pünktlich erreichten, war unsere erste Station das Neue Museum NMN, in dem unter dem Titel „double-up” Kunst und Design zusammen präsentiert wurden, um Korrespondenzen und gegenseitige Beeinflussungen deutlich zu machen.

Am nächsten Tag hatten wir eine Führung im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände organisiert. Die dortige Interimsausstellung in der „Kongresshalle“ zeigte nicht nur die megalomanischen Planungen der NS-Architektur sondern auch den Versuch die Nürnberger Geschichte  (apropos Geschichte: wir wohnten in der in der Burg untergebrachten Jugendherberge – sehr schön) für eine „Führerstadt” zu instrumentalisieren. (Die Kongresshalle wurde von 1937 bis 39 gebaut, aber nie fertiggestellt. Die Planungen der Architekten Ludwig Ruff (der 1934 starb) und seines Sohnes Franz Ruff (der nach 1946 in einem Entnazifizierungsverfahren als „Mitläufer” eingestuft wurde und bis zu seinem Tod 1979 weiterhin als Architekt tätig war) sahen eine Halle für 50.000 Personen vor, die nur zu den NS-Parteitagen genutzt werden sollte.

München:

Ein Highlight in München war der Besuch der Ausstellung „Jugendstil. Made in Munich”(die noch bis zum 23. März in der Kunsthalle zu sehen ist). In der Ausstellung wurden über 400 Objekte aus Malerei, Grafik, Skulptur, Fotografie, Design und Mode gezeigt – auch um die wichtige Rolle Münchens als Wiege des Jugendstils in Deutschland hervorzuheben. Auf der Website zur Ausstellung heißt es: „Um 1900 traten junge visionäre Kunstschaffende in München dazu an, die Kunst zu revolutionieren und das Leben zu reformieren. In einer Zeit rasanter wissenschaftlicher und technischer Neuerungen sowie gesellschaftlicher Umbrüche beteiligten sie sich an der Suche nach einer gerechteren und nachhaltigeren Lebensführung. Künstler:innen wie Richard Riemerschmid, Hermann Obrist oder Margarethe von Brauchitsch wandten sich von historischen Vorbildern ab, um zu einer neuen Kunst zu finden, die das Leben bis ins kleinste Detail durchdringen sollte. Ihre Ideen und Entwürfe bilden die Grundlage für die Kunst und das Design der Moderne.” Die Exponate wurden herausragend präsentiert und mit guten Texten ergänzt. Einziger Wermutstropfen – da wir die Ausstellung am Samstag besucht haben, war sie sehr gut frequentiert.

In dem wohl wichtigsten Designmuseuem in Deutschland „Die Neue Sammlung” konnten wir die Paula-Scher-Ausstellung „Type is Image”, eine Fahrrad-Ausstellung (etwas lieblos kuratiert) und „Kitchen Culture” neben der beeindruckenden ständigen Sammlung besichtigen. Angesichts der Informationsfülle war es sehr erholsam, dass wir unter dem Titel „Social Seating” im Foyer Sitzgelegenheiten für Erholung und soziale Interaktion nutzen konnten.

Bis zum 30.03.2025 ist im Lenbachhaus die Ausstellung „Aber hier leben? Nein Danke. Surrealismus und Antifaschismus“ zu sehen. Diese Ausstellung eröffnete einen ganz anderen Blick auf die surrealistische Bewegung: keine zerfließenden Uhren und brennenden Giraffen. In der ganzen Ausstellung war nur eine winzige Zeichnung von Salvador Dali zu sehen –  kein Wunder, wurde doch Dali auf Grund seiner Bewunderung für den Putschisten General Franco von den antifaschistischen Surrealisten gemieden.

Im Ankündigungstext für die Ausstellung heißt es (und für uns heute wieder sehr aktuell):

„Die menschliche Seele ist international.“ (Bulletin international du surréalisme [Mezinárodní Buletin Surrealismu], Prag, April 1935)

Der Surrealismus war eine politisierte Bewegung von internationaler Reichweite und internationalistischen Überzeugungen. Seine Anfänge liegen in der Kunst und der Literatur, er reicht jedoch weit über beide hinaus. Die Wirklichkeit war für die Surrealist*innen ungenügend: Sie wollten die Gesellschaft radikal verändern und das Leben neu denken.

Schon seit ihrem Zusammenschluss in den 1920er Jahren prangerten Surrealist*innen die europäische Kolonialpolitik an, später organisierten sie sich gegen Faschisten, kämpften im Spanischen Bürgerkrieg, riefen Wehrmachtssoldaten zur Sabotage auf, wurden interniert und verfolgt, flohen aus Europa, fielen im Krieg. Sie schrieben Poesie, feilten an der Dekonstruktion einer vermeintlich rationalen Sprache in einer vermeintlich rationalen Welt, arbeiteten an Gemälden und kollektiven Zeichnungen, fotografierten und collagierten, realisierten Ausstellungen. Der „armseligen“ Vorstellungswelt der Tagespolitik verwehrten sie Einlass in ihre Kunst.

Die Regierung und Besatzung durch faschistische Parteien in mehreren Ländern Europas wie auch die Welt- und Kolonialkriege prägten den Surrealismus und zwangen die Leben seiner Protagonist*innen in unvorhersehbare Bahnen. Zugleich ergaben sich so erstaunliche Begegnungen und internationale Solidarisierungen, deren Verbindungslinien von Prag nach Coyoacán in Mexiko-Stadt, von Kairo ins republikanische Spanien, von Marseille nach Fort-de-France auf Martinique, von Puerto Rico und Paris nach Chicago und zurück reichten. Surrealistisches Denken und Handeln fand damals und findet heute an mehreren Orten gleichzeitig statt. Statt als didaktische, lineare Erzählung wird die Ausstellung daher in verschiedene Episoden strukturiert, angeordnet ähnlich einer Landkarte. Ziel ist es, den Surrealismus als die streitbare und international vernetzte Bewegung sichtbar zu machen, als die ihn seine Vertreter*innen verstanden haben.

Nicht zuletzt aufgrund dieser wesentlichen, aber offenen Beziehung zwischen Kunst und Politik beriefen sich spätere Bewegungen immer wieder auf den Surrealismus: Als Methode, die sich oft ganz selbstverständlich mit emanzipatorischen Anliegen verbindet, wurde er zum Beispiel während der 1968er-Proteste und von Vertreter*innen der Black Liberation aufgegriffen. Die Ausstellung am Lenbachhaus sieht sich als Bündelung von Versuchen, einen immer noch eng definierten und politisch verharmlosten surrealistischen Kanon zu revidieren und die Frage neu zu beantworten: Was ist Surrealismus?”

Auf Grund einer sehr guten Führung in der etwas textlastigen Ausstellung wurde der antifaschistische Kern der Bewegung trotz aller politischen Differenzen und Kontroversen deutlich. Leider war der Katalog zur Ausstellung im Januar noch nicht erschienen, kann aber jetzt bestellt werden:  Surrealismus + Antifaschismus,  herausgegeben von: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Karin Althaus, Adrian Djukić, Ara H. Merjian, Matthias Mühling, Stephanie Weber mit Texten von: Theodor W. Adorno, Georges Bataille, Walter Benjamin, Andre Breton, Claude Cahun, Leonora Carrington, Aimé Césaire, Suzanne Césaire, Robert Desnos, China Miéville, Lee Miller, Karel Teige, Leo Trotzki, Paul Westheim et al.

Text: Jens Hoeft, Fotos von Richard Gutberlet und Jens Hoeft

01.02.2025 ,

Industriedesign B.A.

Das Bachelor-Studium im Industriedesign beginnt mit den Design-Basics, die an die Prozesse und Methoden des Designentwurfs heranführen und in Projekten, Übungen und Seminaren auf die Studienschwerpunkte Konstruktives Design, methodisches Design und Interface Design vorbereiten.
Gleichzeitig bieten die ersten beiden Semester den Studentinnen und Studenten ein Forum, sich zu orientieren, ihr Talent und ihre individuellen Arbeitsmethoden zu entwickeln und damit ihre Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit zu entfalten. Neben dem rationalen und planerischen Vorgehen werden auch experimentelle und explorative Herangehensweisen erprobt.
Der Unterricht gliedert sich in mehrere kurze Übungen und Designprojekte, welche die Entwurfsgrundlagen bilden. Sie werden durch die bildnerischen und räumlichen Grundlagenfächer (Skizzieren und Sachzeichnen, plastisches Gestalten, Farblehre, Typografie und Layout), durch den Unterricht zu den analogen und digitalen Darstellungsmethoden und durch die Lehre der wissenschaftlichen Grundlagen zur Kultur- und Designgeschichte ergänzt.

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Prof.in Dr. Bettina Möllring
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